Norddeutscher Lloyd

Der Roland der "Bremen"

Im Sommer 1929 wurde Hans Finsler von der Reederei Norddeutscher Lloyd dazu eingeladen, die Jungfernfahrt des Passagierdampfers "Bremen" zu begleiten. Dieser Turbinenschnelldampfer, der mit 28 Knoten seinerzeit als das schnellste und modernste Schiff der Welt galt, fuhr bis 1939 auf der Atlantikroute zwischen Bremerhaven und New York. Mit zahlreichen Aufnahmen dokumentierte der Fotograf Hans Finsler in nüchterner Sachlichkeit die Ausstattung des Schiffes. Charakteristisch für seine gegenständlichen Aufnahmen waren insbesondere die Wahl des Blickwinkels, die Bevorzugung von Details sowie die Isolierung einzelner Gegenstände aus ihrem Kontext und häufig auch ein diagonaler Bildaufbau.
"In diesen Fotografien ging es ihm vor allem darum, in geschickt gewählten Bildausschnitten und Nahaufnahmen die technischen Formlinien, beispielsweise des Deckaufbaus, der Lüfterköpfe oder der Rettungsboote, so zu erfassen, dass sie eine eigene Bildsprache entwickelten und ihre Formverwandschaft mit der kubistisch-funktionellen Architektur zu erkennen gaben. Diese Beziehung unterstrich er später durch einen Hinweis auf Le Corbusier, für den ‚Funktionalismus, Rationalität und Konstruktion im Schiffsbau ein Vorbild für die Architektur’ gewesen waren. Die Maschinenanlagen und Turbinenräume im Inneren des Schiffes, als auch überdimensionale Außendetails wie Schiffsschrauben regten Finsler schließlich dazu an, die Größenverhältnisse in den Aufnahmen aufzuheben und technische Einrichtungen in übersteigerter Monumentalität wiederzugeben. Damit schloß auch er sich Versuchen an, den Faszinationswert der technischen Form in der Fotografie zu demonstrieren und folgte darin nicht zu letzt den Zielen, die Fritz August Breuhaus in seiner Publikation über die ‚Bremen’, für die ein Großteil der Finsler Fotos bestimmt war, aussprach: ‚Klar und organisch ist der Eindruck der äußerst sachlichen, unerhört schönen Schiffsform, […] die Unterstreichung des Vorwärtsstrebenden Moments der Form im Gedanken des Zwecks ist hier vorbildlicher Weise erreicht.’" (Katja Schneider 1992, S. 331f.)

Zu diesem Foto: Die große Rolandstatue des legendären Liniendampfers "Bremen" befand sich in einer Nische am Treppenabsatz auf dem Weg zum Speisesaal der I. Klasse. Die Statue wurde von Walter Schmieg unter Mitarbeit von Anton Podzimek als Treib- und Schmiedearbeit ausgeführt. "Historische Motive, den Sinn des Roland-Gedankens erläuternd, und Wirtschaftszweige, die das Erwerbsleben Bremens charakterisieren, fanden in reizvoller Verteilung Anwendung. Die innige Verbundenheit zwischen Bremen, Deutschland, Amerika und dem Norddeutschen Lloyd erscheint in diesem Roland und seinem Dekor als Hüter der Verbundenheit und Freundschaft." (Eberhard Mertens, Der Ozean-Express Turbinenschnelldampfer Bremen, 1973, S. 47)

(Object from: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt - Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) Original entry)

Material /Technique ...

Silbergelatine

Measurements ...

Photopapiergröße 240 x 161 mm

Image taken ...

... Who:

... When:1929

Literature ...

  • Göltz, Klaus E.; Immisch, Theo; Romanus, Peter; Wendelberger, Axel (1991): Hans Finsler, Neue Wege der Photographie. Leipzig
  • Schneider, Katja (1992): Burg Giebichenstein. Die Kunstgewerbeschule unter Leitung von Paul Thiersch und Gerhard Marcks 1915 bis 1933. Weinheim