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Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund Die neue Stadt

Die neue Stadt

Über die Sammlung

Der Wandel Dortmunds von einem unbedeutenden Ackerbürgerstädtchen um 1800, das zwar immer noch von seiner großen mittelalterlichen Vergangenheit träumte und zehrte, hin zu einer der wichtigsten Industriestädte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert ist Thema der Abteilung "Die neue Stadt".
Bergbau, Eisenindustrie und Brauereien sind die Wirtschaftszweige, die Dortmund groß werden lassen. Mit der Errichtung der Köln-Mindener und der Bergisch-Märkischen Eisenbahnen wird die Stadt 1847/48 zum Knotenpunkt, mit dem die Weichen für die erste Gründerwelle in den fünfziger Jahren gestellt werden. Dem ersten Aufschwung folgt bald die erste Wirtschaftskrise, in der Dortmund erstmals mit Arbeitslosen konfrontiert wird. Die zweite Gründerwelle in den siebziger Jahren treibt den Ausbau des Dreigestirns "Stahl - Kohle - Bier" weiter voran, wirft aber auch Schatten: Luft, Boden und Wasser werden verschmutzt, die explosionsartig wachsende Einwohnerzahl verschlechtert die Lebensumstände und die Arbeitsbedingungen münden 1899 in einen großen Bergarbeiterstreik.
Der Ausbau der städtischen Infrastruktur ist unabdingbar: Gaslaternen werden aufgestellt, Trottoirs angelegt, eine geregelte Wasserversorgung für Wohnungen und gewerbliche Betriebe installiert, Krankenhäuser, Feuerwachen, Müllabfuhren eingerichtet und neue Friedhöfe vor den Toren der Stadt angelegt. Seit den 1880er Jahren entsorgen Kanalisationsrohre das Abwasser und wenig später ermöglichen die Rieselfelder an der Lippe den Bau von Kläranlagen. Um die Jahrhundertwende entsteht das städtische Elektrizitätswerk, die "Elektrische" fährt nun durch die Stadt, Straßen und Plätze werden beleuchtet und ermöglichen die "Eroberung der Nacht".
Viele Maßnahmen werden ergriffen, um die katastrophale Wohnsituation vor allem der Arbeiter zu verbessern, aber die Anstrengungen mildern vorerst nur die Not. Trotz einer aktiven städtischen Wohnungspolitik fehlt selbst nach den Eingemeindungen von 1929, die Dortmund zur Großstadt werden lassen, noch immer Wohnraum für knapp 20.000 Personen.
Die von der Arbeiterbewegung durchgesetzte geregelte Arbeitszeit hatte auch geregelte "freie Zeit" mit sich gebracht. Bis zum Zweiten Weltkrieg entsteht eine moderne Großstadt mit allem Erforderlichen: Hotels, Gaststätten, Passagen, Theatern, Kinos, Sälen, Grün- und Sportanlagen mit unterschiedlichen, ständig verfügbaren Vergnügungs- und Konsumangeboten. Während im Kaiserreich für Arbeiter und Bürger noch der Gang in die Kneipe, das Leben im Verein oder der Besuch von Kirmessen kennzeichnend war, entsteht nach dem Ersten Weltkrieg eine neue Vergnügungskultur in den "legendären" Cafés, Varietés und Cabarets mit neuer Musik, neuen Tänzen, neuer Mode. Dies ist auch die Bühne für die "neue Frau", die die Beschränkung auf ihre Rolle als Gattin, Hausfrau und Mutter ablehnt. Sie genießt nach den Entbehrungen der Nachkriegszeit besonders die neuen Möglichkeiten des Konsums, den "kleinen" Luxus der Angebote der Warenhäuser. Auch dieser Aufschwung ist nur von kurzer Dauer: Zwischen Februar und Mai 1932 gibt es in Dortmund offiziell 78.000 Arbeitslose, das sind 34 Prozent der Beschäftigten bei einer Gesamtbevölkerung von 525.000.
1933 ergriffen die Nationalsozialisten die Macht und läuteten damit die Ära von Diktatur und Willkür ein. Bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 erteilen die Dortmunder Bürger der NSDAP noch eine deutliche Abfuhr mit "nur" 27 Prozent der Stimmen gegenüber 43,9 im Reichsdurchschnitt. Dennoch kann die "Gleichschaltung" von Verwaltung, Presse und Politik auch hier nicht aufgehalten werden. Vier Lebensläufe von Dortmunder Bürgern verdeutlichen eindringlich sehr unterschiedliche Schicksale während des Dritten Reiches.
Noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges zerstörten die Luftangriffe der Alliierten nahezu komplett die einst blühende Stadt. Der Wiederaufbau nach 1945 folgt den neuen Ideen der Stadtplanung im Sinne der verkehrsgerechten Stadt und verschafft Dortmund mit zeitgemäßer Architektur ein neues, modernes Gesicht. Die durch die Briten demontierten Industrieanlagen werden ab 1949 mit Hilfe des Marschall-Plans durch rationeller arbeitende Produktionsanlagen ersetzt. Das "Wirtschaftswunder" der fünfziger Jahre beginnt.
G.F.

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