In figurenreicher und lebendiger Szenerie zeigt das Hauptfeld der Hydria (griech. Wasserkrug) eine olympische Götterversammlung. Zeus thront als oberster Gott auf einem Klappstuhl, in der rechten Hand sein langes Zepter haltend. Vor ihm steht der Kithara spielende Apollon als Gott der Künste und der Musik. In seiner rechten Hand hält er zum Anschlagen der Saiten das Plektrum. Die Frau hinter dem Göttervater, die nicht ganz eindeutig zu identifizieren ist, reicht Apollon als Anerkennung für sein Musizieren eine Tänie (Siegesbinde). Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei ihr um Leto, die Mutter Apollons und seiner Zwillingsschwester Artemis. Ein ikonographischer Vergleich mit zeitgleichen Vasenbildern, die ähnliche Götterversammlungen wiedergeben, lässt diese Deutung zu. Hinter dem Musizierenden steht Hermes als Götterbote und Oberhofmeister des Zeus. Er wendet sich der Jagdgöttin Artemis zu, die zusammen mit Apollon häufig auf schwarzfigurigen Gefäßen dargestellt wurde. Am linken Bildrand steht ein bärtiger Gott, der aufgrund fehlender Attribute nur schwer gedeutet werden kann. Möglicherweise handelt es sich bei ihm um den Schmiedegott Hephaistos. Das Schulterbild der Hydria zeigt eine Kampfszene mit drei bewaffneten Kriegern. Zu beiden Seiten werden diese von je einem, aus der Handlung eilenden Mädchen gerahmt. Darstellungen von Göttergruppen und -versammlungen waren innerhalb der attisch-schwarzfigurigen Malerei (um 630-500 v. Chr.) - für die schwarze Bilder auf rotem Grund als Ergebnis des Gefäß-Brennprozesses typisch sind - sehr verbreitet. Die Gottheiten unterhalten sich, halten Rat, handeln, kämpfen oder treffen sich zu einem bestimmten Anlass, wie zur Geburt der Athena oder zur Rückführung des Schmiedegottes Hephaistos in den Olymp. Charakteristisch für die Gefäßbilder der archaischen Zeit sind die Freude am Erzählerischen und eine detailreiche Gestaltung der aufwendigen Gewänder. Die qualitätvolle Hydria erwarb Wolfgang Helbig 1872 im Auftrag des Gothaer Herzoghauses von Francesco Focone. Sie stammt ursprünglich aus einem Grab zwischen Calvi und Capua. [Uta Wallenstein]
Literatur: Uta Wallenstein: Gothaisches Museumsjahrbuch 2003, S. 84f.
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