Handwerk in Brandenburg

Familienerbe Kahnbau

Ein Handwerk über Generationen getragen

Ein Beispiel für generationenübergreifende Handwerkskultur, findet sich im Freilandmuseum Lehde, wo ein Teil des Nachlasses von Kahnbauer Carl Richter gezeigt wird.
Urgroßvater Carl Richter hatte den Familienbetrieb im Jahr 1884 (Lehde, Hof Nr. 39) gegründet und führte ihn bis 1930. Danach endete zunächst der Kahnbau in dem Spreewalddorf. Seine Nachfahren setzten auf den Meerrettichanbau. Tochter Johanna bewahrte alle Werkzeuge auf, sie wollte sich nicht vom Lebenswerk des Vaters trennen. Ihre Tochter Anna heiratete Karl Koal. Sohn Karl baute im Nebenerwerb auch wieder Spreewaldkähne. Dessen Sohn Karl, der Urenkel des Firmengründers (1960 geboren) wollte sich wieder verstärkt dem Kahnbau zuwenden. Sein Startkapital waren die wertvollen Werkzeuge seines Urgroßvaters und er baute 1985 seinen ersten Kahn. Die alten Werkzeuge wurden 1992 dem Museum zur Verfügung gestellt.

 

"Die Kähne sind größer oder kleiner, je nachdem sie zu diesem oder jenem Gebrauche bestimmt sind; darin aber kommen sie alle überein, daß sie von länglicher, schmahler, hinten und vorn spitziger Gestalt sind, einen flachen Bord haben, aus einem Boden, Knie-Stücken und Seitenplanken zusammen gesetzt sind, und kein Steuerruder haben, sondern mit den Riemen oder Rudern gelenket und gefahren werden. Es gibt Kähne, worin viele Personen, aber auch so kleine, in welchen höchstens nur 2 Personen fahren können. (...) Der Elbkahn, mit welchem man auf der Spree, Havel und Elbe fährt, hat, wie der Oderkahn, sowohl ein zugespitztes Vorder- als auch Hintertheil. Die Spitze des Vordertheiles, welche 18 F. lang ist, heißt der Schaft; die 14 F. lange Spitze des Hinter-Theiles aber der Stand. Beyde Spitzen werden in besondern Stücken, die man Schalspitzen nennt, an den Kahn angesetzt. Der Boden ist ganz von Eichen-Holz, und erhält nur einige wenige Blade dagegen wird auf der Zusammenfügung oder der Nuth zweyer benachbarten Bodenbohlen ein verdichter Spund versenkt. Der Elbkahn bekommt nur zwey Planken. Die unterste, welche beynahe senkrecht auf dem Boden des Kahnes steht, und die Bruhne genannt wird, ist von Eichen=die oberste aber nur von Kienenholz, und dünner. Die unterste ist 3, und die oberste 2 1/2 Z. dick. Der Kahn erhält keine Binnung und Futterung, sondern dagegen auf dem Vorder- und Hintertheile an jeder Seite des Kahnes ein Kappstück, zwischen beyden Kappstücken aber auf jeder Seite des Kahnes eine Latte. Das Kappstück ist 1 F. hoch, und 5 bis 6 Z. dick. Es wird bloß auf der obersten Planke aufgenagelt, und daher unten sehr dünn abgeschärft. Auf den Kappstücken und Latten kommt noch ein Rießbord zu stehen. Die Kajüte heißt auf diesen Kähnen Bude. Sie ist 18 F. von dem Hinter-Theile entfernt, und wird nur von leichten Tischlerdielen zusammen gesetzt. Das Steuerruder, welches nur aus einem gekrümmten Helmholze und einer Wasserdiele besteht, wird bloß mit einem starken eisernen Bolzen auf dem Hintertheile des Kahnes befestiget."

Artikel "Kahn", in: Johann Georg Krünitz: Ökonomisch-technologische Enzyklopädie, Band 32 (1784), S. 284-286 (elektronische Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier http://www.kruenitz.uni-trier.de/)

2017-04-16

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