Heinrich Koch

Portrait Trude Jalowetz II

"Koch reduziert konsequent den Bildraum und formt Gesichtslandschaften." (T. O. Immisch/Gunnar Lüsch (Hg.): Heinrich Koch. Photographien 1929-1934), Staatliche Galerie Moritzburg Halle 2002, S. 21.)

Das Prinzip, nach dem Heinrich Koch fotografierte, entsprach einem sehr genau arrangierten Typus, der charakteristisch für seine Portraits anzusehen ist. Lediglich der Kopf seines Motivs wird in einem sehr engen Ausschnitt inszeniert, was dazu führt, dass häufig Teile des Kopfes angeschnitten werden. Hals und Schultern werden als Bildelemente bewusst eingesetzt, um die völlige Isolierung des Kopfes zu vermeiden. Somit wirken die Portraits teilweise wie Bildnisbüsten, ein Eindruck, der zusätzlich mit der Lichtführung verstärkt wird. Obwohl Koch auf den extremen Kontrast von Hell und Dunkel verzichtete, wirken seine Portraits besonders plastisch modelliert, da er Lichteffekte sparsam aber pointiert verwendete. Sein Ziel war es, die charakteristischen Gesichtszüge der Portraitierten herauszuarbeiten, sodass ihre Individualität und Persönlichkeit erhalten blieb. Somit griff Koch die Möglichkeiten der Neuen Fotografie auf und verabschiedete den repräsentativen Portraittypus des 19. Jahrhunderts.

"Die Portraitphotographien von Koch zeichnet aus, dass sie die Physiognomien der Abgebildeten akzentuiert wiedergeben; der Fotograf suchte eine objektive Darstellung, die im Ergebnis etwas kühl und distanziert erscheint." (T. O. Immisch/Gunnar Lüsch (Hg.): Heinrich Koch. Photographien 1929-1934), Staatliche Galerie Moritzburg Halle 2002, S. 20.)

Koch fotografierte keinen bestimmten sozialen Typus, sondern vor allem Freunde und Bekannte. Auffällig ist, dass er offensichtlich Personen bevorzugte, die ausdrucksstarke und schöne Gesichtszüge aufwiesen. Trotz dieser Eigenschaften wirken die von ihm Portraitierten jedoch stets verschlossen, in sich gekehrt und nachdenklich. Die persönliche Beziehung zwischen Koch als Fotograf und den von ihm Fotografierten wird in keinem der Bilder sichtbar - vertraute Blicke, starke Gefühlsregungen oder unbefangenes Lachen wird der Betrachter auf keinem der Portraits finden.

Zu diesem Foto:

Dieses Portrait von Trude Jalowetz (1910-1976) entstand wahrscheinlich zwischen 1931 und 1933, als Jalowetz in die Textilklasse an der Städtischen Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein Halle (Saale) wechselte. Vorher hatte sie in der Textilklasse der Kölner Werkschulen gelernt. Ihrer Lehrerin, Benita Koch-Otte, galt sie als begabteste Schülerin. Für viele Kunsthistoriker ist Jalowetz zudem keine Unbekannte, da sie beispielsweise den Bildhauer Gerhard Marcks zu zahlreichen Werken inspirierte. Auch Heinrich Koch portraitierte sie mehrfach und schien von ihrem Wesen begeistert.
Das Portrait von Jalowetz folgt dem für Koch typischen Bildtypus. Der Kopf nimmt den kompletten Bildraum ein, so dass der Großteil der Frisur und ein Teil des Gesichts vom Bildrand abgeschnitten wird. Mit schräg in die Ferne schweifendem Blick wird Jalowetz gezeigt. Die Andeutung eines leichten Lächelns ist zu erahnen. Ihr Gesicht ist von zwei Lichtquellen beleuchtet, die sich jeweils links und rechts neben ihr befinden und starke Schatten unter dem linken Auge hervortreten lassen. Besonders markant erscheinen die Augenbrauen Jalowetz’, die ihrem Gesicht einen sehr ausdrucksstarken Charakter verleihen.

(Object from: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt - Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) Original entry)

Material /Technique ...

Silbergelatine

Measurements ...

302 x 238 mm (Photopapiergröße) / 302 x 238 mm (Bildgröße)

Image taken ...

... Who:

... When:1931-1933

... Where:Halle (Saale) 

[Relation to person or institution] ...

Literature ...

  • Immisch, T. O.; Lüsch, Gunnar (Hrsg.) (2002): Heinrich Koch, Photographien 1929 bis 1934. Halle (Saale)
  • Pohlmann, Albrecht (2005): Modell, Künstlerin und "wahre Eva" - Trude Guermonprez’ Selbstfindung im Exil", in: "Grenzen überschreiten". Frauen, Kunst und Exil. Würzburg

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