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GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung Grafiksammlung [Ca 9904]
Denckmaal des unsterblichen Autors (Gleimhaus Halberstadt CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gleimhaus Halberstadt (CC BY-NC-SA)
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Denckmaal des unsterblichen Autors

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Beschreibung

Die Radierung wurde angefertigt von Johann Heinrich Rode (1727-1759) nach einer Zeichnung seines älteren Bruders Christian Bernhard Rode (1725-1797), des späteren Direktors der Berliner Akademie der Künste, und ist vermutlich Teil einer Serie Satiren aus dem Jahr 1754.
Sie zeigt ein satirisches Denkmal auf den Gelehrten und Schriftsteller Christlob Mylius (1722-1754), der sich im fridrizianischen Preußen mit provokanten Veröffentlichungen unbeliebt gemacht hatte. Mylius verspottete in der Wochenzeitschrift "Der Wahrsager", die er 1749 in Berlin gegründet hatte, nicht nur die Kirche, sondern zum großen Missfallen Friedrichs II. auch Intellektuelle aus dem engeren Umfeld des Königs. Angriffe, die Friedrich II. nicht dulden wollte, zielten zunächst auf seinen französischen Leibarzt und engen Vertrauten, Julien Offray de La Mettrie (1709-1751) ab. Diese Auseinandersetzung gipfelte im Verbot des "Wahrsagers" und in der Wiedereinsetzung der Zensur. Außerdem trieb Mylius einen Streit zwischen Friedrich II. und Voltaire (1694-1778) auf den Höhepunkt, in dem er nicht nur Partei für Voltaire ergriff, sondern obendrein auch noch ein Bänkelsängerlied auf die von Friedrich angeordnete öffentliche Verbrennung einer Schmähschrift Voltaires verfasste. Mylius floh schließlich aus Preußen und starb 1754 in London.
Die Thematik des Blattes orientiert sich an dem Titelblatt zu Mylius‘ "Vermischten Schriften". Diese waren nach dessen Tod, versehen mit einer kritischen Charakterisierung Mylius‘, von seinem entfernten Vetter Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) herausgegeben worden.
In Rodes Werk steht Mylius in ausgewogenem Kontrapost auf einem Sockel von zwölf mächtigen Folianten. Er ist von Kopf bis Fuß mit den Attributen seiner Profession ausgestattet. Ein aufgeschlagenes Buch und ein Tintenfass mit eingetunkter Feder bilden seinen Hut. Sein voluminöser Mantel ist komplett mit Schrift versehen, seine Brust ist mit einem aufgeschlagenen Buch gepanzert, von Schulter und Gürtel hängen Schriftbänder von Papier und beschriebenes Papier findet sich auch zu Strümpfen um seine Waden gewickelt. Wo der Feldherr seinen Degen trägt, hat Mylius einen Maßstab und statt des Bündels von Blitzen des Göttervaters Zeus hält er ein Bündel Federkiele in seiner weisenden Rechten.
Auf der rechten Bildseite betrachten zwei vorbeilaufende Scholaren das Denkmal, während sich auf der anderen Seite ein junger Schüler unbekümmert am Folianten-Sockel erleichtert. Der Junge scheint dieses Denkmal nur für einen Haufen Papier zu halten. Das Pantheon im Hintergrund verweist auf das Ruhmesstreben des "unsterblichen Autors" Mylius. Ob die Brüder Rode in ihrem Werk allerdings tatsächlich ein individuelles Porträt Mylius‘ wiedergeben, lässt sich nicht klären, da keinerlei Porträts von ihm überliefert sind.
In der Bildunterschrift wird Mylius nicht ausdrücklich genannt. Es ist lediglich von einem zeitgenössischen Vielschreiber mit fragwürdiger Kompetenz die Rede, sodass sich der satirische Inhalt der Radierung nur den Insidern der aufstrebenden Berliner Literarturszene des mittleren 18. Jahrhunderts erschloss.
Bemerkenswert ist, dass es um die Entstehungszeit des Blattes noch gar keine Dichterstandbilder gab, wie sie dann im 19. Jahrhundert die Straßen und Plätze der Städte staffierten. Das Blatt hat also eine vorausahnende Dimension.
Ganz offensichtlich steht das Blatt jedoch auch in einem Verhältnis zu Gellerts Fabel "Der unsterbliche Autor" (erschienen in: Fabeln und Erzählungen 1749)

Material/Technik

Radierung

Maße

38,5 x 27,5 cm (Blatt), 30 x 21,3 cm (Platte)

Literatur

  • Busch, Werner; Hesse, Michael (Hrsg.) (1986): Das "Denkmaal des unsterblichen Autors": ein "étrange monument". In: Studien zu Renaissance und Barock, S. 221-240 u. Abb. 72-80, Frankfurt a.M.
  • Nagler, Georg Kaspar (1835-1852): Neues allgemeines Künstler-Lexicon oder Nachrichten von dem Leben und Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner, Medailleure, Elfenbeinarbeiter, etc. München, Bd. 13, Nr. 34
GLEIMHAUS  Museum der deutschen Aufklärung

Objekt aus: GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung

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