Alfred Mohrbutters Wandteppich Flamingo zählt mit zu den wichtigen Wandbehängen, die von der Kunstwebschule Scherrebek erstellt wurden. An diesem Teppich lässt sich der Einfluss Japans besonders deutlich erkennen: Der Künstler verzichtet hier auf jede räumliche Wirkung und jede Umrisszeichnung. Die Vögel, das Wasser und die Zweige sind einzig durch Linien und Farbflächen wiedergegeben, einer Darstellungsweise, wie sie japanische Farbholzschnitte benutzen.
Zu dieser Gestaltungstechnik kommt eine weitere Überlegung hinzu. Wie auch an dem Teppich von Otto Eckmann (ebenfalls im Landesmuseum ausgestellt), ist der Entwurf zugleich auch auf die Webtechnik ausgerichtet, die flächige Strukturen fordert. Man verzichtete darauf, innerhalb eines kleinen Abschnittes verschiedenfarbige Fäden nicht zu mischen (wie dies in der Tradition der Renaissance- und Barock-Tapisserie bis zu den von Morris entworfenen Gobelins der englischen Arts und Crafts-Bewegung der Fall war). Die auf einfache Beherrschbarkeit der Wirkerei ausgerichteten norwegischen und Schleswig-Holsteinischen Volkskunst-Bildteppiche hatten dafür das Vorbild gegeben. Aufgrund dieser einfachen Technik sieht die Vorderseite des Teppichs wie die Rückseite aus, wobei die Rückseite natürlich spiegelbildlich seitenvertauscht ist.
Die Kunstgewerbeschule Scherrebek spielte für die Textilkunst des Jugendstils eine ausschlaggebende Rolle. Dabei existierte sie nur kurze Zeit, von 1896 bis 1903. Die von William Morris ins Leben gerufene Wiederbelebung des Kunsthandwerks war Anregung zur Gründung der Textilkunstschule in Scherrebek, einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein nahe der dänischen Grenze. Sehr schnell machte sich die Schule von den vorherrschenden Einflüssen der skandinavischen Textilkunst frei und gewann an künstlerischer Eigenständigkeit. Als Entwerfer konnten namhafte Künstler gewonnen werden: als erster Otto Eckmann, es folgten Alfred Mohrbutter, Otto Ubbelohde, Hans Christiansen, Walter Leistikow, Heinrich Vogeler und sogar Henry van de Velde. Die meisten in Scherrebek entstandenen Bildteppiche sind relativ klein. Sie waren also nicht für große Wandflächen gedacht, sondern als Schmuck bürgerlicher Wohnräume.
Bezeichnung unten links: Webzeichen Scherrebek
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