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Mittelrhein-Museum Koblenz Malerei [M19]
Heilige Familie mit der heiligen Barbara (Mittelrhein-Museum Koblenz CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Mittelrhein-Museum Koblenz (CC BY-NC-SA)
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Heilige Familie mit der heiligen Barbara

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Beschreibung

Das Bild zeigt das imaginäre Zusammentreffen der heiligen Barbara mit der heiligen Familie. Maria reicht dem Christuskind die Brust, das Kind hat sich jedoch abgewendet und schaut keck aus dem Bild direkt auf den Betrachter. Der von den Engeln über ihnen gehaltene Baldachin erinnert an einen Thronhimmel. Rechts steht die heilige Barbara mit einer Märtyrerpalme und einer heiligen Schrift. Hinter ihr erhebt sich als ihr Attribut ein runder Turm mit drei Fenstern. Obwohl mittig im Bild plaziert wirkt der heilige Joseph weit in den Hintergrund versetzt. Mit einer einfachen Kutte bekleidet sitzt er unter einem Baum, neben sich ein Pilgerstab. Seine schlichte Kleidung bildet einen augenfälligen Kontrast zu Kleidung und Frisuren der beiden Jungfrauen, die der zeitgenössischen höfischen Mode angehören.
Der Legende nach wurde die heilige Barbara aufgrund ihrer Schönheit von ihrem heidnischen Vater in Nikomedien in einem Turm eingeschlossen. Dort wandte sie sich dem Christentum zu und ließ als Zeichen der Dreifaltigkeit ein drittes Fenster in den Turm brechen, woraufhin ihr eigener Vater sie verurteilen ließ. Zwar konnte sie fliehen und sich in einem Berg verbergen, doch wurde sie verraten, eingekerkert, gegeißelt, geschunden, geschlagen und mit Fackeln gebrannt; die Brüste wurden ihr abgeschnitten und schließlich wurde sie nackt durch die Straßen geführt. Ihr Vater enthauptete sie eigenhändig und soll im selben Moment vom Blitz erschlagen worden sein. Vor ihrem Tode betete sie noch für alle, die der Passion Christi und ihrer Marter gedenken und erbat für diese um Bewahrung vor Pest, Tod und dem Gericht Gottes. Ihre Bitte sei erhört worden, so daß sie in den Kreis der 14 Nothelfer aufgenommen und ihre Verehrung als Sterbepatronin begründet wurde. Aus ihrer Legende ergeben sich zahlreiche Patronate, u.a. das des Bergbaus, der Architektur, des Festungsbaus, der Gefangenen und der Artillerie (wegen des Blitzes). Entsprechend wurde die Barbara zuweilen auch mit einem Kanonenrohr anstelle des Turms dargestellt.
Die Heilige Familie mit der heiligen Barbara war das Lieblingsgemälde von Pastor Lang. Das 1826 entstandene Porträt des Pastor Lang von Johann Jakob Ignaz Verflassen (Inv.-Nr. MRM M 291) zeigt dieses Gemälde im Hintergrund.
Die Zuschreibungsgeschichte des Gemäldes ist hochinteressant. Pastor Lang glaubte, ein Werk von Leonardo in seinem Besitz zu haben. Doch schon Langs Nachlassverwalter Johann Baptist Bachta schrieb das Gemälde 1834 einem unbekannten Meister zu, und Theophil von Gassen nannte in seinem Katalog der Langschen Sammlung 1874 als Maler den Holländer Jan van Scorel (1495-1562). In den 1960er und 1970er Jahren wurde von der Forschung nachgewiesen, dass mehrere Varianten der teilweise gleichen Szene, mit ähnlichen Stilmerkmalen - allerdings von unterschiedlicher Qualität - existierten. Außer dem Koblenzer Gemälde sind fünf weitere Varianten bekannt: erstens eine Madonna mit Kind mit der heiligen Barbara und der heiligen Katharina (Providence/USA, Providence Museum of the Rhode Island School of Design), 1975 von Henri Pauwels dem Ambrosius Benson (um 1490-1550) zugeschrieben, zweitens eine Bernardino de’ Conti (um 1494-1552) zugeschriebene Madonna mit Kind (Bergamo, Galleria dell’Accademia Carrara), drittens eine Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, Jan Joest van Kalkar (um 1460-1519) zugeschrieben (Liverpool, Walker Art Gallery in Liverpool), viertens eine Madonna mit Kind, vielleicht von einem Mailänder Meister (München, Alte Pinakothek) und schließlich eine Madonna mit Kind mit der heiligen Barbara und der heiligen Katharina von einem unbekannten südniederländischen Maler (Genf, Musée d’Art et d’Histoire). Alle Versionen sind wohl Anfang des 16. Jahrhunderts entstanden. Auch wenn die Koblenzer Variante dem amerikanischen Bild stilistisch am nächsten kommt, schließt Pauwels hierfür Ambrosius Benson als Maler aus. Doch ist das Motiv der Maria mit dem Jesus Kind und der heiligen Barbara bis auf Details der Frisuren und Accessoires sehr ähnlich.
Außerdem verbinden das Koblenzer Gemälde wie auch die anderen Varianten zwei italienische Motive: einerseits Bernardo de’ Conti für das Motiv der Madonna del latte (die stillende Madonna), andererseits Bernardo Luini (1480-1532) und Giovanni Antonio Boltraffio (1466/67-1516) für die Heiligenfiguren. Alle drei Maler stammten aus Mailand und waren dort Nachfolger Leonardos.
Doch ist auch der niederländische Einfluss in Detailtreue und Gestaltung der Landschaft in jeder Version unverkennbar. Die Kombination italienischer und flämischer Elemente aber war in Antwerpen zu Beginn des 16. Jahrhunderts verbreitet. Die Langsche Holztafel sowie die weiteren Varianten sind also ein perfektes Beispiel für die damalige Mobilität der Künstler nördlich und südlich der Alpen, für die schnelle Verbreitung beliebter Motive und für den engen künstlerischen Austausch zwischen den Niederlanden und Italien.

Material/Technik

Öl auf Holz

Maße

H 87cm x B 67,5cm

Literatur

  • Mario Kramp (2005): Eine Gemäldegalerie für Koblenz. Koblenz
Mittelrhein-Museum Koblenz

Objekt aus: Mittelrhein-Museum Koblenz

Seit 2013 befindet sich das Mittelrhein-Museum im sogenannten Kulturbau (Forum Confluentes) am Koblenzer Zentralplatz und präsentiert in den neuen,...

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