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Keramikmuseum Westerwald Historische Keramik [Lfd. Nr. 54, Inv. Nr. B 56]
 Humpen - Walzenkrug- Zylindergefäß (Keramikmuseum Westerwald CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Keramikmuseum Westerwald (CC BY-NC-SA)
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Humpen - Walzenkrug- Zylindergefäß

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Beschreibung

Westerwald, erste Hälfte 18. Jh.

Steinzeug, grauer Scherben, salzglasiert, Bemalung mit Kobaltsmalte, frei gedreht.

Vergleichbare Exponate:
KMW, Inv. Nr. A 3468, B 55,A 582
MAK, Köln, Kat. Nr. 575 bis 594

Literatur:
Reineking v. Bock S. 357, S. 67 2 Abs.
Gaimster, S. 154

Die Westerwälder Töpfer - sowohl die zugewanderten aus Raeren, Siegburg und Lothringen, als auch die alteingesessenen - entwickelten sehr bald nach 1600 die zylindrische Humpenform. In den ersten Jahrzehnten ähnelte die Form noch den aus Köln/Frechen, Siegburg und Raeren bekannten Formen wobei die Höhe bei den Westerwälder Humpen noch cirka das doppelte des Durchmessers betrug (s. Inv. Nr. B 14). Gegen die Mitte des 16. Jh. bis in das 18. Jh. hinein wurde die Höhe jedoch soweit verringert, dass sie immer mehr in etwa dem Durchmesser gleich kam. Sehr lange hat man die Gliederung des Gefäßkörpers noch in der Art der Renaissance, nämlich waagerecht vorgenommen, bis man später auch dieses Relikt aufgab und den ganzen Humpenkörper frei mit eingeritzten (redgemachten) floralen Mustern mit und ohne Knibisbändern versah.

Über GR-Krüge

Die Mode, das Monogramm eines regierenden Herrschers oder einer Herrscherin in einem großen Medaillon unter einer Krone auf der Vorderseite eines Kruges anzubringen, entstand mit der Krönung Wilhelms von Oranien zum König von Großbritannien. 1688 wurde Jakob II (James) von einflussreichen Kräften des Britischen Parlamentes abgesetzt, weil er den Römischen Katholizismus wieder als Staatsreligion einführen wollte. Er floh nach Frankreich an den Hof Ludwigs XIV. Gleichzeitig wurde Wilhelm, Stadthalter der Niederlande und Schwiegersohn Jakobs die Britische Krone angeboten.

1689 wurde er zum König gekrönt. Die Annahme liegt nahe, dass holländische Kaufleute, die von jeher enge Kontakte über Köln mit den Westerwälder Steinzeugtöpfer hatten, die Gelegenheit wahrnahmen, dort Krüge herstellen zu lassen, die sowohl das Konterfei Wilhelms zeigten, aber auch sein Monogramm "WR" unter einer Krone für Wilhlmus REX. Wilhelm regierte bis 1702. Ab dann übernahm die Schwester seiner Frau Maria, Anna, die Regentschaft, und ab da erscheint "AR" als Dekoration in der selben Weise wie vorher das WR. "Anna Regina" wurde 1714 abgelöst von Georg von Hannover, der in diesem Jahr König von Britannien wurde. Ab dann erscheinen die Krüge mit "GR" für Georg REX, die in so großer Zahl hergestellt wurden, dass sie regelrecht den Markt überschwemmt haben müssen.

Man kann davon ausgehen, dass die in den ersten Jahren von Georgs Regentschaft hergestellten Krüge noch sehr sorgfältig hergestellt wurden. Dann aber erschienen zunehmend GR-Krüge auf dem Markt, deren Qualität immer schlechter wurde und mehr und mehr nachlässig hergestellter Massenware glichen. So finden sich hervorragend dekorierte GR-Krüge in einer Reihe von Museen (s. auch Titelbild zu Kessler: Zur Geschichte des Rheinisch Westerwäldischen Steinzeugs (2002)) und Privatsammlungen neben nachlässig hergestellten, die jegliches künstlerisches und handwerkliches Feingefühl vermissen lassen. In Höhr-Grenzhausen wurde um ca. 1980 eine kleine Abfallgrube entdeckt aus der man rund 40 Krüge gefunden hat, die offensichtlich so nachlässig hergestellt waren, dass man nicht wagte, sie auf dem Markt anzubieten.

GR-Krüge wurden in großer Zahl von Pfarrer Leonhard Meurer auf seinen Missionsreisen für die Steyrer Mission im mittleren Afrika gefunden. Sie wurden dort neben anderen Westerwälder Steinzeugkrügen als große Kostbarkeit von den Häuptlingen und Dorfältesten streng gehütet. Eine ausführliche Schilderdung findet sich im Buch von Annette Zeischka: "Westerwälder Steinzeug in Afrika".

Der Humpen hat sich um 1700 zu einem immer beliebteren Trinkgefäß entwickelt und wurde entsprechend dem zunehmenden Bedarf in großer Zahl von immer mehr Töpfern hergestellt. Er wurde zur Massenware, wobei die Qualität je nach Hersteller mehr oder weniger stark gelitten hat. So sehen wir in dem vorliegenden Gefäß zwar eine einwandfrei gedrehte Arbeit. Die Dekoration jedoch ist recht einfallslos und steif. Das Medaillon mit GR unter der Krone soll dem Ganzen den Anschein einer gehobenen Arbeit geben, ist aber durch häufiges Abformen schon recht abgewetzt und unansehnlich. Es ist anzunehmen, dass die Auflagenform schon viele Jahre in Gebrauch war und sicher nicht mehr in die Regierungszeit Georgs des Ersten (1714 bis 1727) fällt.

Material/Technik

Steinzeug, grauer Scherben, salzglasiert, Bemalung mit Kobaltsmalte, frei gedreht

Maße

Höhe: 17 cm, größter Durchmesser: 12,5 cm

Karte
Keramikmuseum Westerwald

Objekt aus: Keramikmuseum Westerwald

Bis in die Zeit der Urnenfeldkultur, etwa ab 1.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, lässt sich die Tradition des Töpferhandwerks in dieser Region,...

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