Der Ritter mit dem Stadtwappen Ulms stammt zusammen mit zwei weiteren Figuren vom Fischkastenbrunnen, der sich auf dem Ulmer Marktplatz befindet. 1910 wurden alle Skulpturen vom Brunnen abgenommen und ins Ulmer Museum gebracht. Heute zieren Repliken den Brunnen. Der Entwurf für die Anlage stammt aus der Werkstatt des Schreiners Jörg Syrlin d. Ä., was eine Risszeichnung aus dem Jahr 1480 beweist. Mit der Herstellung von Brunnen und Skulpturen beauftragte er jedoch einen anderen Künstler, und zwar den Bildhauer Michel Erhart. Der Ritter trägt den für die Zeit üblichen Harnisch, der das Gesicht bis über den Mund bedeckt. In seiner rechten Hand umfasst er den Schild mit dem Wappen der freien Reichsstadt Ulm und in seiner linken hält der Ritter einen Dolch. Die gekreuzten Beine mit den nach außen gestellten Füßen erwecken den Eindruck einer tänzelnden Schreitbewegung. Einen dekorativen Akzent setzt das schalförmige, kunstvoll drapierte Tuch, das sich über die Unterarme und den Rücken der Figur schlingt und bis zum Boden reicht. Bei der Gestaltung aller drei Ritterfiguren wird jegliche Kampfgebärde vermieden. Hauptaugenmerk liegt auf der Bewegtheit und Körperlichkeit der Skulpturen - typische Merkmale des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Doch eben diese Ritterfigur mit dem Wappen und Dolch zeichnet sich durch eine Lebendigkeit aus, die weit über das übliche Maß der Zeit hinausgeht und am Beginn einer neuen künstlerischen Bewegung steht. Die Ritterfiguren vom Ulmer Fischkastenbrunnen sind als politisches Manifest für den Erhalt der reichstädtischen Privilegien zu verstehen - notfalls mit Waffengewalt.
de