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Historisches Museum der Pfalz - Speyer Neuzeit (Sammlungsausstellung) Grafische Sammlung Ludwig I. von Bayern [BS_0690]
Zug auf das Hambacher Schloss 1832 (Historisches Museum der Pfalz, Speyer CC BY-NC-ND)
Herkunft/Rechte: Historisches Museum der Pfalz, Speyer / Peter Haag-Kirchner, HMP Speyer (CC BY-NC-ND)
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Zug auf das Hambacher Schloss 1832

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Beschreibung

Am 27. Mai 1832 versammelten sich auf dem Hambacher Schlossberg bei Neustadt a.d.H. (heute: a.d.W.) 20-30.000 Menschen, um für bürgerliche Freiheiten und die Einheit Deutschlands zu protestieren. Der Zug auf das Hambacher Schloss gilt gemeinhin als eine der Geburtsstunden der deutschen Demokratie.

"Es handelt sich um das bekannteste und abgewandelt häufig übernommene Festzugsbild. Der Standpunkt, den der Zeichner gewählt hat, liegt fast genau im Norden. Der Schlosshügel war zu jener Zeit noch, wie diese und andere Darstellungen belegen, nur dünn mit Laubbäumen bewachsen. Erst in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts forstete man das ganze Gebiet mit Nadelholz auf. Das Bild zeigt den Aufmarsch des langen Festzuges auf dem Schlossberg. Der Zug hatte sich am frühen Morgen des 27. Mai auf dem Marktplatz in Neustadt formiert und unter dem Geläut der Glocken und dem Absingen von patriotischen Liedern in Richtung Hambach in Bewegung gesetzt. Ein Teil des Zuges ist mittlerweile auf der Höhe angekommen, während aus der Ebene weitere Scharen herbeiströmen. Die Festbeschreibung hält diesen Moment fest: »Als der Anfang des Zuges am Orte des Festes angekommen war, wurde auf einem erhöhten Punkte die polnische und oben auf den höchsten Zinnen der Ruine die deutsche Fahne aufgepflanzt. Weithin über die gesegneten Auen wehte nun das stolze Panner unseres Vaterlandes.« An welcher Stelle die polnische Fahne wehte, lässt sich aus dieser Darstellung nicht ersehen. Deutlich markierte aber der Zeichner das Hissen der deutschen Fahne, die die Aufschrift »Deutschlands Wiedergeburt« trug, auf der Spitze des höchsten Turmes der Schlossruine. Die Zeichnung ist klar angelegt. Gleichmäßig steigt der Schlossberg mit der krönenden Schlossruine in der Mittelachse an. Von links kommend zieht sich bildparallel über die ganze vordere Bildbreite der Festzug. Das erwartungsvolle Hinstreben der Personen zu dem Ereignis ist zugleich ein betontes demonstratives Schreiten. Einige Teilnehmer wenden sich bildauswärts, um den Kontakt zu dem Betrachter herzustellen. Links spielt eine Musikkapelle. An ihrer Kleidung sind einige als Burschenschafter zu erkennen. Unter den Teilnehmern befinden sich auch, in der Mitte der linken und rechten Bildhälfte, zwei Gruppen von Frauen. Das Mädchen, das zur vorderen Gruppe gehört, trägt eine Anzahl Kränze über dem Arm. Viele haben sich Kokarden an die Hüte geheftet; rechts tragen einige Fackeln. In der Bildmitte, etwas nach vorne abgesetzt, marschieren eingehakt drei Männer. (...) Die Kopfbedeckung der bildeinwärts gewendeten Figur weiter rechts kennzeichnet diese als Polen. Das gleiche äußere nationale Erkennungszeichen ermöglicht die Identifizierung von zwei seiner im Festzug integrierten Landsleute. (...) Im oberen Bereich des Schlosshanges, vor allem innerhalb der äußeren Ringmauer, sind Holzhütten und Zelte aufgestellt. Sie sollen einen Eindruck vermitteln von dem festlichen Treiben, zu dem sich, wie die zeitgenössischen Berichte überliefern, »gegen tausend Krämer, Bier- und Weinausschenker, Bildhändler u. dgl.« zusammen fanden (Der EilBote aus dem Bezirk Landau, 2. Juni 1832). Sogar einen Kontrollstand auf halber Höhe rechts von der Bildmitte, an dem vielleicht die Karten für das Mittagsmahl ausgegeben wurden, vergaß der Zeichner nicht einzufangen." (Text von Peter Dittmar aus dem Ausstellungskatalog: Hambacher Fest 1832. Katalog zur Dauerausstellung. Mainz 1982. Katalognr. 306, S. 191, Farbabbildung S. 166; die dort angebene künstlerische Technik ist allerdings falsch, es handelt sich nicht um einen Stahlstich, sondern um eine kolorierte Federlithographie)

Hinsichtlich des auf dieser kolorierten Federlithographie anders als heute gewohnt dargestellten Farbdreiklangs auf den Fahnen erreichen das Historische Museum der Pfalz immer wieder Anfragen, weshalb hierzu im Folgenden ausführlicher Stellung genommen wird. Die Ursprünge der deutschen Nationalfarben schwarz-rot-gold werden bekanntlich in den Farben der Uniformen des Lützowschen Freikorps (1813) und der Jenaischen Urburschenschaft (1815) gesucht. Aus den dort auftauchenden Farben schwarz-rot-gold hat sich dann, z.T. sicherlich auch dem Zufall geschuldet, der heute noch bekannte Farbdreiklang gebildet. Vor 1832 war die Rangfolge der Farben noch nicht offiziell festgelegt. Wie auch, es handelte sich ja um keine amtliche Bewegung. Massenhaft erscheint der Farbdreiklang schwarz-rot-gold auf Fahnen, Kokarden und Schärpen erstmals auf dem hier dargestellten Hambacher Fest von 1832. Einen zentralen Aufruf Fahnen und Kokarden in den Farben schwarz-rot-gold mitzuführen, hat es im Vorfeld des Hambacher Festes 1832 nicht gegeben, es gab jedoch ein allgemeines Verständnis dafür, dass schwarz-rot-gold als die Farben der "Revolution", des "Aufbruchs" und der "Nation" angesehen wurden. (Vgl. dazu ausführlicher: Kermann, Joachim: Die Pfalz und die Entstehung der deutschen Nationalfarben schwarz-rot-gold. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz, 91. Bd., Speyer 1993, S. 377-400.)

Die in der Grafischen Sammlung des Historischen Museums der Pfalz aufbewahrte und weithin bekannte kolorierte Federlithographie "Zug auf das Hambacher Schloss 1832" (Historisches Museum der Pfalz, Inventarnr. BS_0690) zeigt Fahnen in verschiedenen Dreiklängen: Gold-Rot-Schwarz; Schwarz-Rot-Gold; Rot-Gold-Schwarz. Die Grafik erschien ursprünglich als Beilage der Zeitschrift "Der Zeitgeist. Volksblatt für Deutschland" mit der Überschrift "Der Deutschen Mai" und der erläuternden Unterschrift "Zug auf das Schloß Hambach am 27’ten Mai 1832". Die Zeitschrift "Der Zeitgeist" wurde 1832 bis 1834 in Karlsruhe von Wilhelm Hasper verlegt und von Karl Mathy (1807-1868) redigiert. Kolorierte Einzelblätter wurden möglicherweise auch einzeln vertrieben, die in der Sammlung des Historischen Museums der Pfalz befindliche Darstellung (Inventarnummer BS_0690) ist als einziges altkoloriertes Blatt überliefert. Eine nicht kolorierte Fassung findet sich unter der Inventarnummer BS_0689 im Sammlungszentrum des Historischen Museum der Pfalz, dieses Blatt ist nicht beschnitten und weist noch die erwähnte Über- und Unterschrift, sowie eine dreizeilige Legende auf. Urheber der Lithographie ist der damals in Mannheim ansässige Künstler Erhard Joseph Brenzinger (1804-1871), der mit dem Redakteur Mathy befreundet war und mit diesem und den Freunden Friedrich Daniel Bassermann (1811-1855) und Alexander von Soiron (1806-1855) am Hambacher Fest teilnahm. Bei der zeitgenössischen Kolorierung, die nicht von Brenzinger selbst stammen muss, kann es zu Übertragungsfehlern bei der Abbildung der Fahnenfarben gekommen sein.

Tatsache ist, dass die überlieferte Hauptfahne mit der Aufschrift "Deutschlands Wiedergeburt" (Besitz der Stadt Neustadt a.d.W., heute ausgestellt auf dem Hambacher Schloss) eindeutig von schwarz über rot nach gold geht. Diese Fahne, die während des Hambacher Festes auf dem höchsten Turm der Schlossruine aufgepflanzt war, ist auf der kolorierten Federlithographie im Farbdreiklang Rot-Gold-Schwarz dargestellt, also eindeutig falsch gegenüber der tatsächlichen Überlieferung der Fahne. Dies mag als Beleg für die Unzuverlässigkeit der überlieferten Kolorierung gelten. Auch die drei anderen im Original überlieferten Hambach-Fahnen (Landtag Rheinland-Pfalz und Historisches Museum der Pfalz / Haus der Geschichte Bonn (= gemeinsamer Besitz des HdG und des Historischen Vereins der Pfalz) und Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe) weisen den Dreiklang Schwarz-Rot-Gold auf.

Einer der Initiatoren des Hambacher Festes Johann Georg August Wirth spricht zudem in seiner Festbeschreibung "Das Nationalfest der Deutschen" (Neustadt a.d.H. 1832) ausdrücklich von Schärpen in "schwarz, roth und gold". Der Generalstaatsprokurator (= Generalstaatsanwalt) in Zweibrücken forschte 1833 nach den Urhebern eines vermeintlichen "Complotts" zur gleichförmigen Verfertigung von Kokarden, Bändern und Fahnen in "schwarz, roth und gold" (vgl. Kerrmann 1993, S. 383). Auch bei diesen beiden zeitgenössischen Quellen ist der uns heute geläufige Farbdreiklang angegeben.

Beim Farbdreiklang Schwarz-Rot-Gold handelt es sich also eindeutig um die seit dem Hambacher Fest 1832 in dieser Reihenfolge durchgesetzten Farben der deutschen Trikolore.

[Ludger Tekampe / HMP Speyer / 06.2014, zuletzt: 04.2023]

Material/Technik

Papier, Federlithographie

Maße

220 x 267 mm

Literatur

  • Brenzinger, Joseph August (1923): Erhard Joseph Brenzinger. Eine Künstlergeschichte in Familienbildern. Freiburg i.B., S. 8
  • Kermann, Joachim (Speyer): Die Pfalz und die Entstehung der deutschen Nationalfarben schwarz-rot-gold. 1993, S. 377-400
  • Kermann, Joachim; Förster, Cornelia; et.al. (1982): Hambacher Fest. 1832-1982. Freiheit und Einheit in Deutschland und Europa. Ausstellungskatalog. Neustadt an der Weinstraße, S. 189f
  • Leitmeyer, Wolfgang; Portenlänger, Franz-Xaver; Tekampe, Ludger (1995): Die Neuzeit (Sammlungskatalog Historisches Museum der Pfalz). Speyer, S. 104f
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Historisches Museum der Pfalz - Speyer

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