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GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung Erinnerungsstücke [Verlust 329 E]
Hut Friedrichs des Einzigen (Gleimhaus Halberstadt CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gleimhaus Halberstadt (CC BY-NC-SA)
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Hut und Schärpe Friedrichs des Einzigen

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Beschreibung

Mancher Besucher des Halberstädter Dichters Gleim berichtete von der gemeinschaftlichen Betrachtung von Hut und Schärpe des Monarchen, die der Dichter in seinen Besitz gebracht hatte. Dies gab Gelegenheit, sich zu dem König zu bekennen und Gesinnungsgenossenschaft zu bekunden. Insofern wirkten die Memorabilien gemeinschaftsstiftend.
Die Schärpe soll Friedrich II. im Siebenjährigen Krieg getragen haben, den Hut bei der Audienz, die Gleim 1785 gewährt wurde, und auch bei seinem Tod. Den Hut hatte sich Gleim von Herzog Friedrich August von Braunschweig(-Oels) erbeten, den er nach der Audienz getroffen hatte. Die Schärpe hatte er von einem Kämmerer des Königs Namens Gericke erhalten, der wie Gleim aus Ermsleben gebürtig war. In dem Begleitschreiben Gerickes erfuhr Gleim, dass es sich nicht um irgendeine Schärpe handelte, sondern um jene, die der König den ganzen Siebenjährigen Krieg hindurch getragen und als Souvenir aufzubewahren angeordnet hatte: „Da nun dieser weise König diese Escarpe aufzuheben zu befehlen geruht, so befand sich auch selbige, am 17. August 1786, da Allerhöchstdieselben, des Morgens, 20 Minuten auf 3 Uhr, die Welt verließen, und zu der Ewigkeit übergingen, noch in der genauesten Verwahrung in der Garderobe, welche Sr. jetzt regierenden Königlichen Majestät, unser allertheuerster und gnädigster, geliebter, großer Monarch denen Kammerleuter, auf meine Vorbitte, allergnädigst zu schenken geruhten. Ich kaufte vorzüglich remarquableste Stück.“ (zit. nach Körte 1811, S. 236) Dass die Garderobe vollständig den beiden Kammerlakeien geschenkt wurde, dies stimmt mit anderen Nachrichten überein ([anonym.] Reliquien-Handel aus der Garderobe Sr. Majestät des Königs von Preußen Friedrichs II. In: Journal des Luxus und der Moden, April 1787, S. 129-134). Bald wurde damit ein schwunghafter Reliquienhandel betrieben.
Die Schärpe und der Hut in Gleims Besitz haben eine große Ausstrahlung ausgeübt. Gleims Nachbar Klamer Eberhard Karl Schmidt widmete dem Hut gar eine selbständige Schrift: „Zwey Gedichte auf den Hut Friedrichs des Einzigen, welchen des Herzogs Friedrichs von Braunschweig Durchlauchten dem Verfasser der preußischen Krieges-Lieder sandten“. Den beiden Gedichten ist eine kurze Erläuterung der Provenienz des Hutes vorangestellt, die auch den Begleitbrief des Herzogs von Braunschweig zitiert.
Gleims Nachlassverwalter Wilhelm Körte sandte den Hut 1825 auf königliche Bitte zur Ausstattung einer Wachsfigur für die Kunstkammer nach Berlin. Dort wurde er nachgebildet und anschließend der Gleimschen Familienstiftung zurückgesandt. (Michaela Völkel: Könige als Kuriositäten. Monarchen und ihre Effigies als Objekte der Schaulust 1660-1860: In: Herrschaft, Architektur, Raum. Festschrift für Ulrich Schütte zum 60. Geburtstag. Hg. v. Stephanie Hahn und Michael H. Sprenger, Berlin 2008, S. 293-313, hier S. 312; Leitfaden für die königliche Kunstkammer und das ethnographische Cabinet zu Berlin. Berlin 1844, S. 95) Als nach dem Tod Körtes der Nachlass Gleims bis auf die drei Kernsammlungen Porträtgalerei, Handschriftenarchiv und Bibliothek vollends aufgelöst wurde, gelangten der Hut, die Schärpe sowie ein Lederbeutel mit Resten einer Granate, die neben dem König explodiert sein sollten, als Schenkung der Familienstiftung an den preußischen König, der die Erinnerungsstücke im Zeughaus oder im Potsdamer Stadtschloss mit weiteren Memorabilien aufbewahren lassen wollte. Im frühen 20. Jahrhundert ist beides in einem Inventareintrag des Hohenzollernmuseums Schloss Monbijou und einem Foto aus dem Jahr 1938 von ebendort nachgewiesen. Danach jedoch verlor sich die Spur. Laut dem Inventareintrag waren von dem Zertifikat, mit dem der Herzog von Braunschweig den Hut authentifiziert hatte, damals nur noch Siegelreste vorhanden. Jüngst konnte der Hut in den Beständen des Deutschen Historischen Museums identifiziert werden.

Material/Technik

Filz, Silberfaden, Feder

Literatur

  • Gleimsche Familienstiftung (1846): Acta, betreffend die Merkwürdigkeiten, welche in dem Nachlasse des verstorbenen Canonicus Gleim sich vorgefunden haben und in dem Hause des Dr. Körte aufbewahrt wurden. Historisches Archiv der Stadt Halberstadt, G 15
  • Körte, Wilhelm ([1810/20]): Inventarium der zum Canonicus-Gleimschen-Nachlaße gehörigen Bücher und Handschriften, Kupferstiche und Gemälde. Angefertigt durch Dr. Wilhelm Körte, damit darnach ein wißenschaftlich geordnetes Verzeichniß demnächst angefertigt werden könne. [Halberstadt], V.17
  • Lacher, Reimar F. (2017): "Friedrich, unser Held" - Gleim und sein König. Göttingen, S. 105 ff.
  • Nachlassinventar (1803): Inventarium des Nachlasses des am 18ten Februar 1803 zu Halberstadt verstorbenen Canonicus und Dom-Secretair Johann Wilhelm Ludwig Gleim, ... Halberstadt, VI.7 und 8
GLEIMHAUS  Museum der deutschen Aufklärung

Objekt aus: GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung

Das Gleimhaus ist eines der ältesten deutschen Literaturmuseen, eingerichtet im Jahr 1862 im ehemaligen Wohnhaus des Dichters und Sammlers Johann...

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