Wandanschlag in deutscher und französischer Sprache.
Veröffentlicht im von Deutschland besetzten Gebiet im Westen (wahrscheinlich Frankreich, da zweisprachig), 22. Mai 1915.
"Letzte Kriegsnachrichten.
22. Mai 1915
Grosses Hauptquartier:
Westlicher Kriegsschauplatz:
Noerdlich von Ypern griffen farbige Franzosen Nachts unsere Stellungen oestlich des Kanals an. Der Kampf ist dort noch im Gange.
Ein am spaeten Abend beginnender Angriff der Englaender suedlich Neuve Chapelle in der Gegend von La Quinque Rue brach in unserem Feuer zusammen.
Nordoestlich Arras schossen wir bei Fresnoy ein feindliches Flugzeug herunter.
Ein weiterer, von den Franzosen gestern Nachmittag im Walde von Ailly angesetzter Angriff scheiterte unter erheblichen Verlusten fuer den Feind, der einige Gefangene in unserer Hand liess.
Oestlicher Kriegsschauplatz:
In der Gegend von Szawle fanden nur kleinere Gefechte statt.
An der Dubissa gelangte unser Angriff oestlich Podubis bis Betygola zur Ausfuehrung: er brachte uns weitere 1500 Gefangene ein.
Auch oestlich Miloszajcic und Zemigola wurden die Russen ueber den Fluss zurueckgeworfen. Weiter suedlich steht der Kampf.
Die Reste der suedlich des Njemen geschlagenen russischen Kraefte setzten ihre Flucht in der Richtung auf Kowno fort.
Suedoestlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage bei den deutschen Truppen ist unveraendert.
Oestlich Jaroslau wurden gestern Gefangene gemacht, die nicht mit Gewehren, sondern mit Eisenkeulen ausgeruestet waren.
Von der Armee des Generalobersten von Mackensen und den uebrigen im Verbande des oesterreichisch-ungarischen Heeres kaempfenden deutschen Truppen wurden seit dem 1. Mai 104 000 Gefangene gemacht, 72 Geschuetze, sowie 253 Maschinengewehre erbeutet. Diese Zahlen sind bereits in den veroeffentlichten Gesamtzahlen enthalten.
Wien: Die Blaetter besprechen in einem durchaus ruhigen Tone die italienischen Parlamentsvorgaenge, wodurch der bewaffnete Konflikt mit Italien ausser Frage gestellt ist.
Die mittelgalizischen Kaempfe dauern fort. Unterhalb Sieniawa wurden die letzten russischen Abteilungen ueber den San zurueckgeworfen. Oestlich Jaroslau wurden vereinzelte Vorstoesse starker russischer Streitkraefte zurueckgewiesen. Oestlich Drohobycz wurde eine russische Stellung erstuermt und 1800 Russen gefangen. Die russische Gegenoffensive ueber den Dnjestr in Ostgalizien endete an der Pruthlinie. Russische Durchbruchsversuche bei Kolomea scheiterten. Im Berglande von Kiclee wurden bisher 4000 Russen gefangen genommen.
Die Gesamtsumme der Gefangenen seit dem 2. Mai belaeuft sich auf 194 000 Mann.
Triest: Gestern abend fanden patriotische Kundgebungen statt. Das Militaer wurde lebhaft begruest; Hochrufe auf Oesterreich wurden ausgebracht."
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