In der Sticktechnik, in der Farbwahl, in der Gestaltung der Randbordüre mit Wagenradrosetten nach dem indischen Motiv des Rads des Lebens und des Binnenfeldes mit floralen Ranken und eingestreuten Jagdmotiven kommt die Decke indo-portugisischen Stickereien am nächsten, wie sie vor allem im 17. Jahrhundert vom südlichen Teil Indiens bis in das heutige Bangladesh hergestellt wurden. In Potsdam ist die Decke erstmals Mitte des 19. Jahrhunderts im Wohnzimmer des Schlosses Charlottenhof bezeugt. Dort diente sie zur Abdeckung des ohne Stickereien verbliebenen Ruhebetts. Das Inventar von 1847 nennt sie als "eine Decke von farbigem Tuch künstlich gefertigt, mit reichem Muster in arabischem Geschmack in Seide gestickt (Geschenk S[einer] M[ajestät] des Kaisers von Rußland)" auf. Wenige Jahre später, 1855, führt sie Häberlin in seiner Beschreibung Potsdams und Umgebung unter den erwähnungswürdigen Kunstwerken Charlottenhofs auf und bezeichnet sie als "Persische Sophadecke". Diesen Überlieferungen zufolge war sie ein Präsent aus St. Petersburg an das Kronprinzenpaar Friedrich Wilhelm (IV.) und Elisabeth und wurde als persische, jedenfalls orientalische Kostbarkeit geschätzt. Ihre Herkunft aus Indien war nicht bekannt. Demzufolge ist nicht überliefert, wie die Decke von Indien nach Rußland gelangte. Einerseits könnte sie über Persien, das sowohl mit Indien als auch mit Rußland in engen Handelsbeziehungen stand, dorthin gelangt sein. Hierauf weist eventuell die vermeintliche Mitteilung, es handle sich um eine arabische bzw. persische Decke; an persische Jagdteppiche erinnert zudem das Motiv der Ranken mit Jagdszenen. Andererseits wäre auch ein Verkauf über die Handelszentren Buchara und Samarkant von Indien nach Rußland denkbar. Als Geschenk kam sie sicherlich in Zusammenhang der vielen Weihnachts- und Geburtstagspräsente des russischen Zarenpaares nach Potsdam. Denn Zarin Alexandra Feodorowna, die preußische Prinzessin Charlotte, war eine Schwester Friedrich Wilhelms (IV.), welche zeitlebens eine enge Verbindung zu ihrer Familie aufrecht erhielt. Diese Beziehung kam nicht zuletzt in umfangreichen Briefwechseln und den besagten Präsenten zum Ausdruck. Die in ihrer glänzenden, kostbaren Wirkung außergewöhnliche Decke wurde vom Zarenpaar sicherlich mit Rücksicht auf die Vorliebe des Kronprinzen für exotische Sammlungsstücke gewählt. Sie mag ihn auch an den damals noch vorhandenen, ebenfalls gestickten, persischen Teppich mit floralen Ornamenten aus weißer Seide erinnert haben, welcher der Überlieferung nach bei der Krönung in Königsberg 1701 als Unterlage der Kroninsignien diente. Im Wohnzimmer von Schloss Charlottenhof fiel die Decke sowohl farblich, motivisch als auch in ihrem edlen, glänzenden Material aus dem Rahmen der sonst dort zur Ausstattung hergestellten wollenen Stickereien des Biedermeiers heraus und wurde als Kostbarkeit hoch geschätzt. Diese Wertschätzung, die bereits Häberlin bezeugt, dokumentiert sich auch in dem umfangreichen Aufwand, mit dem sie im 19. Jahrhundert restauriert wurde.
Uta-Christiane Bergemann
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