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Archäologisches Museum der Universität Münster Sammlung der antiken Schriftzeugnisse [2090]
Mit Fluchformeln beschriebenes Bleitäfelchen (Archäologisches Museum der WWU Münster CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Archäologisches Museum der WWU Münster (CC BY-NC-SA)
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Fluchtäfelchen zur Verwünschung von Prozessgegnern

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Beschreibung

Dieses Fluchtäfelchen stammt aus der Sammlung von Prof. Dr. Werner Peek und wurde in Athen erworben.
Es handelt sich um eine kleine, rechteckige Tafel aus dünnem Blei, die über und über mit griechischem Text beschrieben ist. Das Schriftstück ist zweimal gefaltet und anschließend mit einem Holzstift durchbohrt worden.
Fluchtafeln dienen in der Antike dazu, bestimmte Handlungen oder das Wohlergehen von Personen (und auch Tieren) auf übernatürliche Weise zu beeinflussen. In der Regel werden hierzu magische Formeln verwendet oder bestimmte Gottheiten um Hilfe angerufen. Das Spektrum der Verwendung reicht von Liebesangelegenheiten und sportlichen Wettkämpfen, in denen ein/e NebenbuhlerIn oder ein Rivale durch einen Zauberspruch ausgestochen werden sollen, bis hin zum Erflehen von göttlicher Vergeltung für ein angeblich erlittenes Unrecht.
Letzteres trifft auch auf das Münsteraner Stück zu: Ein Athener, der offenbar einen vor dem Ältestenrat (Areopag) ausgetragenen Rechtstreit verloren hat, verflucht seine Prozessgegner. Die Verwünschungen richten sich speziell gegen zwei Männer namens Litias und Nikias. Litias ist offenbar der Angeklagte oder Hauptzeuge, Nikias scheinbar Vorsitzender des Gerichtshofes oder einer der Richter. Mit ihnen werden noch weitere Personen, Mitverklagte oder Zeugen der gegnerischen Partei, verflucht.
Was letztendlich Gegenstand des Prozesses ist, erfahren wir leider nicht. Einige der Verfluchten werden als Dachdecker oder Topfflicker bezeichnet. Es dürfte sich dem Personenkreis nach zu urteilen also eher um einen Zivilprozess gehandelt haben.
Das Schema des Textes folgt einem standardisierten Formular: Zunächst werden die Verfluchten einzeln genannt, dann folgt die magische Bindungsformel "KATADO" ("Ich binde dich herab"), darauf die Anrufung der beschworenen Gottheit sowie die anschließende Aufzählung der verwünschten Organe und Körperteile. Abschließend werden noch einmal die Namen der Verfluchten genannt.
Der "Absender" ruft die Unterweltsgötter Hermes Katochos, Hades und Persephone an, auf dass die Beine und Köpfe sowie die gesamten Körper der Verfluchten zu diesen in die Unterwelt "hinab gebunden" werden, d. h. verfaulen mögen.
Das rituelle Durchbohren des Schriftstückes soll das "magische Binden" symbolisch abschließen.
Um sicher zu gehen, dass das "Bittschreiben" die Unterweltsgötter erreicht, muss dieses dort deponiert werden, wo sich eine Schnittstelle zwischen der Unterwelt und dem Diesseits befindet: Somit werden Fluchtafeln z. B. heimlich in fremden Gräbern verscharrt, damit die Seele des Verstorbenen diese auf der Reise in den Hades mitnimmt.

Material/Technik

Blei

Maße

H: 7, 5 cm; B: 11 cm

Literatur

  • Reinhard Stupperich (1990): Die Antiken der Sammlung Werner Peek. Münster
  • Werner Peek (1941): Inschriften. Ostraka. Fluchtafeln, Kerameikos 3. Berlin
Archäologisches Museum der Universität Münster

Objekt aus: Archäologisches Museum der Universität Münster

Das Archäologische Museum der Universität Münster - bestehend seit 1884 - bietet mit seiner umfangreichen Sammlung für alle Interessierten spannende...

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