museum-digitalthüringen
STRG + Y
de
Wartburg-Stiftung Kunsthandwerkliche Sammlungen [WSE KM 0013]
Dürerschrank (Wartburg-Stiftung CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Wartburg-Stiftung (CC BY-NC-SA)
1 / 1 Vorheriges<- Nächstes->

Zweigeschossiger Schrank - »Dürerschrank«

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Entfernung berechnen Archivversionen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

Die archivalischen Aufzeichnungen zum sogenannten Dürerschrank, einer künstlerischen Höchstleistung des ausgehenden Mittelalters und dem besterhaltenen Zeugnis spätgotischer Möbelkunst, setzen im November 1841 mit einem kuriosen Schreiben des Burghauptmanns Bernhard von Arnswald an Erbgroßherzog Carl Alexander ein: "Der Schrank, welchen E. K. H. in Würzburg zu kaufen gedachte und von Albrecht Dürer geschnitzt sein soll, wird nach Aussage Sachverständiger als außerordentliches geschätzt. Möchten E. K. H. daher doch die Wartburg mit diesem schönen Möbel zieren". Der Kommandant hatte das Möbelstück im Würzburger Kunsthandel gesehen und erwarb es für 450 Taler. Richtig ist, daß dem unbekannten Nürnberger Bildschnitzer sieben Kupferstiche Albrecht Dürers als Vorlage für Türfüllungen und Lisenen dienten, desweiteren ein Holzschnitt Lucas Cranachs d. Ä. und vier Plaketten-Entwürfe des italienischen Goldschmiedes und Bronzegießers Moderno (Pseudonym, um 1500). Das Bildprogramm des Oberteils adaptiert im einzelnen folgende Vorlagen: linke obere Lisene: Modernos »David und Goliath« bei Übernahme der Figur des David und des abgetrennten Hauptes des Goliath unter Verzicht auf den Rumpf und die Assistenzfigur, linke untere Lisene: Modernos »Mars und Victoria« in räumlicher Drängung der Szene
linke Türfüllung: Dürers »Apoll und Diana« (um 1502-04) bei Ergänzung der Szene durch eine Hirschkuh
rechte Türfüllung: Dürers »Der große Herkules« (»Die Eifersucht«, um 1498-99) unter Auslassung der weiblichen, zum Keulenschlag ansetzenden Figur und mit versetztem Amor, der nun den Bogenschützen im Schnitzwerk von seinen Vorhaben abhalten will.
rechte obere Lisene: Modernos »Herkules erwürgt den Löwen«
rechte untere Lisene: »Herkules und Anthäus«.
Unterteil des Schrankes:
linke obere Lisene: Cranachs »Adam und Eva« (1509) bei Übernahme der beiden Figuren und unter Verzicht auf die Schlange und die Tiere des Waldes.
linke untere Lisene: Dürers »Die Genien mit Helm und Schild« (»Der Ruhm«, um 1501-02) linke Türfüllung: »Die vier Hexen« (1497)
rechte Türfüllung: »Die Satyrfamilie« (1505)
rechte obere Lisene: Dürers »Die Königstochter in der Wüste« (»Die Buße des hl. Chrysostomus«, um 1496) mit Ergänzung durch zwei mit Flöte und Trommel musizierende Knaben
rechte untere Lisene: Dürers »Fortuna« (»Das kleine Glück«, um 1496).
Inwieweit die Verwendung der Motive zufällig oder Kenntnis bzw. Besitz der Vorlagen geschuldet war, ob Auswahl und Anordnung einem besonderen Bildprogramm folgen, muß Gegenstand künftiger Untersuchung sein. Dass der zweigeschossige Schrank aus übereinandergestellten, also auch austauschbaren Truhen besteht, wird bereits an den seitlichen Tragegriffen deutlich. Den unteren Abschluss bildet ein teils ergänzter Sockel, in den der erste Kasten eingesetzt wurde. Das flache Zwischenteil ist mit Schubkästen versehen und nimmt die obere Truhe auf. Die Bekrönung bildet ein loses Kranzgesims mit vortrefflichem Rankenwerk. Die konstruktiven Teile, d. h. Seiten, Böden und Rückwände, sind aus üblichen Nadelhölzern gefertigt. Die Maßwerk- oder Rankenschnitzereien bestehen aus weichem, bestens dafür geeignetem Lindenholz. Für die Furniere der Türrahmen wurden ausgewählte gemaserte Hölzer, »kruses Holt« der ungarisch-slavonischen Wellen- oder Blumenesche, verwandt. Die Holzoberflächen sind sorgfältig gearbeitet und mit Riefelungen versehen, die mit Eisenkämmen eingedrückt wurden. Das beinahe strukturlose Lindenholz wurde eingefärbt und wiederum vor farbige Hintergründe gesetzt. Die Beschläge, die Türgriffe und Schließbleche, sind zurückhaltend und dennoch künstlerisch überzeugend gearbeitet.
Katalog Krauß/Schuchardt (1996) 92, (Abb. S. 186),
Lehfeldt/Voss 41 (1917), S. 294-313

Material/Technik

Linde, Kirsche und Esche

Maße

248 x 194 x 57 cm

Literatur

  • Falke, Otto von (1924): Deutsche Möbel vom Mittelalter bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Stuttgart
  • Himmelheber, Georg (1967): Zweigeschossige Schränke der Spätgotik in Oberdeutschland, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, 3. Folge, Bd. XVIII. München, S. 97-110.
  • Krauß, Jutta und Schuchardt, Günter [Red.] (1996): Aller Knecht und Christi Untertan: der Mensch Luther und sein Umfeld; Katalog der Ausstellungen zum 450. Todesjahr 1996. Eisenach
  • Lehfeldt, Paul und Voss, Georg (1917): Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens, 1. Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach, Verwaltungsbezirk Eisenach, Die Wartburg (Heft 41). Jena
  • Michaelsen, Hans (1984): Der &quot;Dürerschrank auf der Wartburg. Geschichte, Konservierung, Restaurierung, in: Neue Museumskunde. 27. Jg. H. 4. Berlin, S. 260-272.
  • Michaelsen, Hans (1984): Untersuchungen zur Oberflächenbehandlung und Farbigkeit zweigeschossiger Schränke der Spätgotik in Süddeutschland, in: Beiträge zur Erhaltung von Kunstwerken (2). Berlin, S. 49-56.
  • Noth, Werner (1990): Die Wartburg: Denkmal, Museum, Sammlungen. Leipzig
  • Schuchardt, Günter (1998): Die Kunstsammlung der Wartburg. Regensburg
  • Stelzer, Gerhard und Stelzer, Ursula (1990): Bildhandbuch der Kunstsammlungen in der DDR. Leipzig
Wartburg-Stiftung

Objekt aus: Wartburg-Stiftung

Die Kunstsammlung der Wartburg Die Wartburgsammlung hat ihren Ursprung in der Romantik. Schon ab 1750 häufen sich ›wartburgbezogene‹ Werke und...

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Die Text-Informationen dieser Seite sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (Creative Commons Lizenz 3.0, by-nc-sa) Als Quellenangabe nennen Sie bitte neben der Internet-Adresse unbedingt auch den Namen des Museums und den Namen der Textautorin bzw. des Textautors, soweit diese ausdrücklich angegeben sind. Die Rechte für die Abbildungen des Objektes werden unterhalb der großen Ansichten (die über ein Anklicken der kleineren Ansichten erreichbar werden) angezeigt. Sofern dort nichts anderes angegeben ist, gilt für die Nutzung das gerade Gesagte. Auch bei der Verwendung der Bild-Informationen sind unbedingt der Name des Museums und der Name des Fotografen bzw. der Fotografin zu nennen.
Jede Form der kommerziellen Nutzung von Text- oder Bildinformationen bedarf der Rücksprache mit dem Museum.