Mit dieser Urkunde begünstigte der Bischof die auf seine Initiative hin entstandene Speyerer Judengemeinde außerordentlich: Ihre nördlich der befestigten Kernstadt bei Altspeyer bestehende Siedlung sollte eine Schutzmauer erhalten. Innerhalb ihrer Siedlung wurde ihnen religiöses Leben nach ihren Geboten garantiert, ebenso eine eigene Selbstverwaltung. Warenhandel und Geldwechselgeschäfte waren ihnen in der gesamten Stadt gestattet. Die Gemeinde erhielt aus kirchlichem Besitz einen eigenen Friedhof und durfte interne Rechtsfälle vor einem eigenen Gericht verhandeln. Auch die Beschäftigung christlicher Knechte und Ammen durch die Speyerer Juden wurde ausdrücklich genehmigt. Das weitreichende Privileg ist nicht als Original erhalten, sondern in einer späteren Handschrift der Bischöfe von Speyer.
Ergänzende Übersetzung:
Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit. Ich, Rüdiger, mit Beinamen Huozmann, Bischof von Speyer, glaubte in meinem Bestreben, aus der Kleinstadt Speyer eine Weltstadt zu machen, die Ehre unseres Ortes durch Ansiedlung von Juden noch mehr zu heben. Die herbeigeholten Juden siedelte ich deshalb außerhalb der Gemeinschaft und den Wohnplätzen der übrigen Bürger an und umgab ihre Siedlung mit einer Mauer, damit sie nicht durch Viehherden gestört werden. Den Ort ihrer Ansiedlung, den ich rechtmäßig erwarb - den Hügel nämlich erhielt ich teils gegen Geldzahlung, teils durch Tausch, das Tal aber durch Geschenk der Erben - , jenen Ort gab ich ihnen gegen eine jährliche Zahlung von 3 ½ Pfund Speyerer Währung zum gemeinen Nutzen der Brüder. Ich gewährte ihnen auch in ihrem Siedlungsbereich und außerhalb bis zum Schiffshafen und in diesem Schiffshafen die Freiheit, Gold und Geld zu wechseln, alles und nach Belieben zu kaufen und zu verkaufen. Diese Erlaubnis gewährte ich ihnen für die ganze Stadt. Zusätzlich schenkte ich ihnen aus Kirchengut einen Begräbnisplatz nach dem Erbrecht. Auch das fügte ich hinzu: Wenn ein Jude von auswärts bei ihnen als Gast weilt, soll er keinen Zoll zahlen. Ferner: Wie der Stadtrichter unter den Bürgern, so soll auch ihr Archisynagogus jede Klage richten, die unter ihnen oder gegen sie erhoben wird. Wenn er allerdings einen Streitfall nicht abschließen kann, so soll die Sache dem Bischof bzw. seiner Kammer vorgelegt werden. Für Nachtwachen, Schutz und Befestigung innerhalb ihres Bereiches haben sie selbst zu sorgen, für den Schutz allerdings gemeinsam mit den (bischöflichen) Knechten. Ammen und Knechte dürfen sie aus den Reihen unserer Leute haben. Unreines Fleisch, was ihnen nach ihrem Gesetz als unerlaubt erscheint, dürfen sie Christen verkaufen, und Christen dürfen es kaufen. Alles in allem gewährte ich ihnen als höchste Gunst ein Gesetz, wie das Judenvolk kein besseres in einer Stadt des Deutschen Reiches besitzt. Damit keiner meiner Nachfolger diese Schenkung und diese Privilegien schmälere oder die Juden mit größerer Abgabe belaste, wie auch, damit sie nicht diese Abmachung für sich beanspruchen statt sie vom Bischof zu empfangen, habe ich ihnen diese Schenkungsurkunde als hinreichendes Zeugnis übergeben. Und damit diese Urkunde durch die Zeiten gültig bleibt, habe ich sie durch eigenhändige Unterschrift bekräftigt und durch mein aufgedrücktes Siegel, wie man unten sehen kann, gesichert. Gegeben ist diese Urkunde an den Iden des September (13. September) im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1084, in der 7. Indiktion ,etwa Mitte Januar im 12. Jahr, seitdem dieser Stadt besagter Bischof vorsteht, dessen Unterschrift folgt.
de