Das Pferdchen besitzt im wahrsten Sinne des Wortes eine bewegte Geschichte. Rudolf Drößler hat sie aufgeschrieben, als er und sein Sohn das Schaukelpferd 1997 dem Museum Schloss Moritzburg schenkten:
"Das Schaukelpferd, das wir dem Museum als Geschenk übergeben, hat eine lange und besondere Geschichte. Es stammt aus der Familie des Sanitätsrats und Ehrenbürgers der Stadt Zeitz, Dr. med. Friedrich Adolf Richter (geb. am 23. 12. 1831, gest. am 02. 11. 1899). Dr. Richter hat der Stadt Zeitz 11.500 Mark für die Verschickung von Kindern in Ferienheime, für Freistellen im Hospital und für andere wohltätige Zwecke gestiftet. In Zeitz ist die Richterstraße nach ihm benannt worden. Das Schaukelpferd hat vielleicht schon Friedrich Adolf Richter zum Spielen benutzt. Dann spielten damit die Nachkommen Dr. Richters, so der Enkel und spätere Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Dr. med. Ernst Richter, der seine Klinik eine zeitlang in der Neumarktstraße 12 hatte.
Um 1930 oder etwas früher entdeckte der Maurer Wilhelm Büchner, Schillerstraße 29, das Schaukelpferd im Haushalt der Familie Richter. Es war stark ramponiert; unter anderem fehlten ihm der Kopf und die Kufen. Wilhelm Büchner nahm das Schaukelpferd mit nach Hause, um es für den Sohn des Schlossers Max Kessler, Herbert Kessler (geb. am 19. 06. 1925) als Weihnachtsgeschenk herzurichten. (Max Kessler ist der Großvater von Rudolf Drößler.) Bei der Reparatur des Schaukelpferdes halfen außer Wilhelm Büchner auch der Zimmermann Gustav Reichardt und Max Kessler mit (beide ebenfalls wohnhaft Schillerstraße 29). Gustav Reichardt fertigte den Pferdekopf und die Kufen neu an. Max Kessler versah das Schaukelpferd mit neuer Farbe. Das Pferd wurde zur großen Weihnachtsüberraschung für den kleinen Herbert Kessler; sein Vater war damals arbeitslos. Über dieses ungewöhnliche Beispiel der Hilfsbereitschaft einer solidarischen Hausgemeinschaft schrieb damals der Maler und Grafiker Hilmar Büchner, der Sohn von Wilhelm Büchner, einen Zeitungsartikel. Nach Herbert Kessler nutzten das Schaukelpferd noch Rudolf Drößler (der mit seinen Eltern , Ilse und Herbert Drößler, ebenfalls in der Schillerstraße 29 wohnte), sowie dessen Kinder Antje (verheiratete Nagel, geb. 1957) und Helge Drößler (geb. 1961) und schließlich die Enkel Martin (geb. 1982) und Daniel Drößler (geb. 1984). Im Laufe der Zeit hat das Schaukelpferd durch die häufige Benutzung wieder ziemlich gelitten; gegenwärtig fehlen ihm Mähne und Schwanz. Wir wünschen dem Schaukelpferd wegen seiner besonderen Geschichte und Tradition eine gute Bleibe im Museum.
Zeitz, den 20. 06. 1997
Rudolf Drößler und Helge Drößler"
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