Häufig finden sich auf den Rückseiten kaiserzeitlicher Münzen über Jahrhunderte kaum variierende Darstellungstypen von Göttern und Personifikationen oder die immer gleichen Macht- und Siegessymbole. Kaiser Vespasian aber ließ auf diesem Aureus ein ungewöhnliches Motiv abbilden: Was dem heutigen Betrachter wie die eher unspektakuläre Wiedergabe einer Kuh erscheint, stellt tatsächlich ein berühmtes Kunstwerk der griechischen Klassik dar. Zunächst befand sich diese Bronzestatue aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., die der für seine naturnahen Tierbilder bekannte Bildhauer Myron geschaffen hatte, auf der Athener Akropolis, bevor sie, wie so viele griechische Kunstwerke, nach Rom verschleppt worden war. Dies geschah vermutlich auf Veranlassung des Kaisers Augustus, da aus seiner Regierungszeit ein ganz ähnliches Münzmotiv, wahrscheinlich das Vorbild für die Prägung des Vespasian, bekannt ist. Viele Jahrzehnte später, um 75 n. Chr., fand die berühmte Kuh zusammen mit anderen griechischen Skulpturen auf dem Gelände des Templum Pacis, dem Forum des Vespasian, einen neuen Aufstellungsort. Zuvor gehörten diese im Ostmittelmeerraum gesammelten Kunstschätze zur Ausstattung des Privathauses des Kaisers Nero; sein Nachfolger machte sie nun auf seiner Platzanlage der Öffentlichkeit zugänglich.
[Sonja Hommen]
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